
Wann ist eine Abmahnung ungültig?
Zusammenfassung: Wann ist eine Abmahnung ungültig?
- Eine Abmahnung ist nur wirksam, wenn sie konkret, nachvollziehbar und verhältnismäßig ist. Unklare Formulierungen, fehlende Warnfunktion oder formale Mängel machen sie angreifbar.
- Der Arbeitgeber muss den Pflichtverstoß eindeutig belegen können. Ohne Beweise – z. B. durch Dokumente oder Zeugen – verliert die Abmahnung ihre rechtliche Wirkung.
- Typische Fehler: Sammelabmahnungen, falsche Absender, unklare Vorwürfe oder Drohungen. Auch die Kritik an privaten Verhaltensweisen ohne Arbeitsbezug ist unzulässig.
- Arbeitnehmer müssen eine Abmahnung nicht unterschreiben oder akzeptieren. Eine Unterschrift ist keine Pflicht und kann sogar rechtlich nachteilig sein.
- Wer sich gegen eine Abmahnung wehren will, hat mehrere Optionen: Gegendarstellung, Rücknahmeforderung, Klage oder Eintrag in die Personalakte – idealerweise nach anwaltlicher Prüfung.
Eine Abmahnung im Arbeitsverhältnis erfüllt eine wichtige Warnfunktion: Sie macht auf ein konkretes Fehlverhalten des Arbeitnehmers aufmerksam und signalisiert, dass bei wiederholtem Verstoß arbeitsrechtliche Konsequenzen – bis hin zur Kündigung – drohen können. In der Praxis wird sie häufig als „gelbe Karte“ des Arbeitsrechts bezeichnet.
Doch nicht jede Abmahnung ist automatisch wirksam. Eine Abmahnung ist ungültig, wenn sie formale oder inhaltliche Mängel aufweist. Dazu zählen etwa unkonkrete Vorwürfe, fehlende Hinweise auf mögliche Konsequenzen oder die Unterschrift einer unbefugten Person. Auch Verstöße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit oder eine fehlende Anhörung des Arbeitnehmers vor dem Ausspruch können zur Unwirksamkeit führen.
Dieser Ratgeber richtet sich an Arbeitnehmer, die eine Abmahnung erhalten haben und ihre Rechte kennen sowie richtig auf die Situation reagieren möchten. Im Folgenden erklären wir, wann eine Abmahnung gültig ist, welche rechtlichen Anforderungen sie erfüllen muss – und welche Schritte möglich sind, wenn sie ungerechtfertigt erscheint.
Rechtliche Grundlagen von Abmahnungen
Das deutsche Arbeitsrecht enthält keine spezielle gesetzliche Vorschrift, die den genauen Aufbau oder die Form einer Abmahnung regelt. Ihre rechtliche Grundlage ergibt sich jedoch aus allgemeinen zivilrechtlichen Prinzipien – insbesondere aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gemäß § 314 Abs. 2 BGB sowie aus den Anforderungen an eine verhaltensbedingte Kündigung nach § 626 BGB.
Die Rolle der Abmahnung im Stufensystem arbeitsrechtlicher Reaktionen
Vor einer Kündigung ist der Arbeitgeber in vielen Fällen verpflichtet, dem Arbeitnehmer zunächst eine Abmahnung zu erteilen. Dieses abgestufte Vorgehen folgt dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz: Der Arbeitgeber darf nicht sofort zum schärfsten Mittel greifen, wenn mildere Maßnahmen – wie eine Abmahnung – geeignet sind, das Fehlverhalten zu korrigieren. Erst wenn sich ein Arbeitnehmer trotz vorheriger Abmahnung erneut pflichtwidrig verhält, ist eine verhaltensbedingte Kündigung rechtlich haltbar.
Beispiel: Kommt ein Arbeitnehmer einmalig 15 Minuten zu spät, liegt darin in der Regel kein Kündigungsgrund – sehr wohl aber ein Anlass für eine Abmahnung. Eine Kündigung wäre in diesem Fall unverhältnismäßig.
Funktionen der Abmahnung
Eine wirksame Abmahnung erfüllt drei juristische Kernfunktionen:
- Rügefunktion: Sie benennt das konkrete Fehlverhalten und macht deutlich, dass es nicht akzeptabel ist.
- Warnfunktion: Sie zeigt auf, dass bei einer Wiederholung ernsthafte arbeitsrechtliche Konsequenzen, insbesondere eine Kündigung, drohen.
- Dokumentationsfunktion: Sie dient im Streitfall vor dem Arbeitsgericht als Nachweis, dass dem Arbeitnehmer sein Fehlverhalten bereits mitgeteilt und die Kündigung angedroht wurde.
Wichtig ist: Eine Abmahnung ist keine Strafe für die Vergangenheit, sondern eine Warnung für die Zukunft. Nur wenn die Warnfunktion erfüllt ist, kann sie Grundlage für eine spätere Kündigung sein.
Gültigkeit von Abmahnungen
Eine Abmahnung ist grundsätzlich formfrei – sie kann also sowohl mündlich als auch schriftlich ausgesprochen werden. In der Praxis ist jedoch die schriftliche Abmahnung üblich, da sie im Streitfall als Beweismittel dient. Damit eine Abmahnung wirksam und rechtsbeständig ist, müssen bestimmte Anforderungen erfüllt sein.
Wann ist eine Abmahnung gültig?
Eine Abmahnung gilt als wirksam, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- Zustellung: Der Arbeitnehmer muss die Abmahnung erhalten haben. Idealerweise lässt sich der Erhalt durch eine Empfangsbestätigung nachweisen.
- Konkretisierung: Das Fehlverhalten muss konkret benannt sein (Datum, Uhrzeit, Ort, Verhalten).
- Warnfunktion: Es muss deutlich gemacht werden, dass bei Wiederholung mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen – insbesondere Kündigung – zu rechnen ist.
- Verhältnismäßigkeit: Die Maßnahme muss in einem angemessenen Verhältnis zur Pflichtverletzung stehen.
Beispiel: Eine schriftliche Abmahnung mit dem Wortlaut „Sie sind unzuverlässig“ ist unwirksam, da sie zu unkonkret ist. Dagegen kann eine Abmahnung wegen eines dokumentierten Zuspätkommens mit Uhrzeit, Datum und Bezug auf die arbeitsvertragliche Pflicht gültig sein.
Wann ist eine Abmahnung unwirksam?
Eine Abmahnung verliert ihre Gültigkeit, wenn:
- sie unkonkret oder pauschal formuliert ist („Sie verhalten sich störend“),
- die erforderliche Warnfunktion fehlt (keine Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen),
- sie formelle Mängel aufweist (z. B. keine Zuständigkeit der unterzeichnenden Person),
- sie gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt (z. B. Kündigungsandrohung bei geringfügigem Verhalten),
- sie ohne vorherige Anhörung ausgesprochen wird, obwohl der Sachverhalt strittig ist,
- oder wenn der Arbeitgeber das Verhalten über längere Zeit toleriert hat (Verwirkung).
Folgen für die Kündigung: Wird eine Abmahnung später als Grundlage für eine verhaltensbedingte Kündigung herangezogen, prüfen Arbeitsgerichte ihre Wirksamkeit sehr genau. Ist die Abmahnung unwirksam, fehlt die Voraussetzung für eine rechtmäßige Kündigung.
Welche inhaltlichen Voraussetzungen müssen vorliegen?
Damit eine Abmahnung arbeitsrechtlich wirksam ist, muss sie bestimmte inhaltliche Anforderungen erfüllen. Nur wenn diese erfüllt sind, kann die Abmahnung ihre Rüge- und Warnfunktion entfalten und im Fall einer späteren Kündigung als rechtliche Grundlage dienen.
Checkliste: Diese vier Elemente muss eine Abmahnung enthalten
- Detaillierte Beschreibung des Pflichtverstoßes
Der Vorfall muss konkret benannt werden – mit Datum, Uhrzeit, Ort und möglichst beteiligten Personen.
Beispiel: „Am 30.01.2024 begannen Sie Ihre Arbeit um 9:45 Uhr statt wie vertraglich vereinbart um 8:30 Uhr.“ - Benennung der verletzten arbeitsvertraglichen Pflicht
Es muss klar sein, gegen welche Regelung verstoßen wurde.
Beispiel: „Dies stellt einen Verstoß gegen § 6 Ihres Arbeitsvertrags (Arbeitszeitregelung) dar.“ - Aufforderung zur Verhaltensänderung
Der Arbeitgeber muss deutlich machen, welches Verhalten in Zukunft erwartet wird.
Beispiel: „Wir erwarten, dass Sie Ihre Arbeitszeiten künftig einhalten und pünktlich erscheinen.“ - Warnung vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen
Es muss explizit darauf hingewiesen werden, dass eine Wiederholung zur Kündigung führen kann.
Beispiel: „Bei erneutem Fehlverhalten behalten wir uns arbeitsrechtliche Schritte bis hin zur Kündigung vor.“
Warum fehlt häufig die Warnfunktion?
Ein häufiger Mangel in Abmahnungen liegt im fehlenden Hinweis auf Konsequenzen. Ohne diesen Hinweis erfüllt die Abmahnung nicht ihre Warnfunktion und ist damit unwirksam.
Unwirksames Beispiel:
„Wir bitten Sie künftig um mehr Sorgfalt bei der Bearbeitung Ihrer Aufgaben.“
→ Keine konkrete Konsequenz bei Wiederholung, daher keine Warnfunktion.
Wirksames Beispiel:
„Im Wiederholungsfall behalten wir uns arbeitsrechtliche Schritte – einschließlich einer Kündigung – ausdrücklich vor.“
Ist eine Unterschrift notwendig?
Arbeitgeber legen häufig Wert darauf, dass der Arbeitnehmer eine Abmahnung unterschreibt, um den Zugang des Schreibens nachweisen zu können. Aus rechtlicher Sicht ist diese Unterschrift jedoch nicht erforderlich, damit die Abmahnung wirksam ist.
Die Unterschrift des Arbeitnehmers bestätigt ausschließlich, dass er die Abmahnung zur Kenntnis genommen hat. Sie stellt keine Zustimmung zu den Vorwürfen dar – es sei denn, der Wortlaut der Abmahnung enthält Formulierungen wie „zur Kenntnis genommen und akzeptiert“.
Wichtig:
Arbeitnehmer sollten darauf achten, nicht zu unterschreiben, wenn der Wortlaut auf eine Zustimmung oder Schuldeingeständnis hindeutet. Stattdessen kann eine neutrale Bemerkung wie „zur Kenntnis genommen, ohne Anerkennung des Inhalts“ handschriftlich ergänzt werden.
Was tun bei Verweigerung der Unterschrift?
Verweigert der Arbeitnehmer die Unterschrift, bleibt die Abmahnung dennoch rechtswirksam, sofern sie ihm nachweislich zugegangen ist. Der Arbeitgeber kann diesen Zugang auf andere Weise dokumentieren, z. B. durch:
- Übergabe im Beisein von Zeugen
- Versand per Einschreiben
- Vermerk auf einer Kopie: „Übergabe am [Datum], Unterschrift verweigert“

Welche Fristen sind einzuhalten?
Das Arbeitsrecht kennt keine gesetzlich festgelegte Frist, innerhalb derer eine Abmahnung nach einem Vorfall ausgesprochen werden muss. Dennoch gilt: Der Arbeitgeber sollte nicht zu lange warten.
Erfolgt eine Abmahnung erst lange nach dem gerügten Fehlverhalten, kann das beim Arbeitnehmer den Eindruck erwecken, dass der Arbeitgeber das Verhalten stillschweigend geduldet hat. In der Rechtsprechung wird dies als Verwirkung des Abmahnungsrechts bezeichnet.
Beispiel:
Ein Arbeitnehmer kommt mehrfach unentschuldigt zu spät. Der Arbeitgeber wartet drei Monate, bevor er erstmals reagiert. In dieser Zeit wird der Arbeitnehmer nicht ermahnt oder abgemahnt. In einem solchen Fall kann das Gericht annehmen, dass der Arbeitgeber das Verhalten toleriert hat – und eine spätere Abmahnung oder Kündigung nicht mehr zulässig ist.
Eine Abmahnung unterliegt nicht der gesetzlichen Verjährung im klassischen Sinn. Das heißt: Sie verliert nicht automatisch nach einer bestimmten Zeit ihre formale Wirksamkeit. Dennoch verliert sie mit zunehmendem zeitlichen Abstand an Bedeutung – vor allem dann, wenn der Arbeitnehmer sich über einen längeren Zeitraum hinweg korrekt verhält.
Faustregel aus der Rechtsprechung:
Liegt die abgemahnte Pflichtverletzung mehr als zwei Jahre zurück und hat sich der Arbeitnehmer seither beanstandungsfrei verhalten, ist die Abmahnung nicht mehr belastbar genug, um als Grundlage für eine Kündigung zu dienen.
Welche Gründe können für eine ungültige Abmahnung vorliegen?
Nicht jede Abmahnung hält einer rechtlichen Prüfung stand. Für eine wirksame Abmahnung muss das gerügte Verhalten klar und belegbar sein, die formellen Voraussetzungen müssen erfüllt sein – und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit darf nicht verletzt werden. Fehlt eines dieser Elemente, ist die Abmahnung rechtlich unwirksam und darf im Fall einer Kündigung nicht als Begründung herangezogen werden.
✅ Übersicht: Häufige Gründe für die Unwirksamkeit
- Der Grund lässt sich nicht nachweisen
Der Arbeitgeber kann den vorgeworfenen Pflichtverstoß nicht beweisen – z. B. mangels Dokumentation, fehlender Zeugen oder unklarer Sachlage.
Beispiel: Es wird „unzureichende Leistung“ gerügt, obwohl es keine Zielvereinbarung gibt und keine Vergleichsmaßstäbe vorliegen. - Mangelhafte oder fehlende Dokumentation
Der Vorwurf ist unkonkret oder pauschal. Es fehlen Datum, Uhrzeit oder Beschreibung der Pflichtverletzung. - Gegenüberstellung – zulässige vs. unzulässige Formulierungen:

- Fehlende Warnfunktion
Es fehlt der Hinweis, dass bei Wiederholung mit einer Kündigung oder anderen arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu rechnen ist.
Beispiel (unwirksam): „Wir erwarten künftig mehr Sorgfalt.“
Beispiel (wirksam): „Bei Wiederholung behalten wir uns arbeitsrechtliche Schritte – bis hin zur Kündigung – vor.“ - Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
Die Abmahnung steht in keinem angemessenen Verhältnis zur Pflichtverletzung.
Beispiel: Eine formelle Abmahnung wegen einer einzigen, geringfügigen Verspätung (5 Minuten) ohne vorherige Hinweise oder Gespräch. - Keine Anhörung bei strittigem Sachverhalt
Bei unklarer Faktenlage (z. B. Aussage gegen Aussage) muss der Arbeitnehmer vor dem Ausspruch angehört werden. Unterbleibt dies, kann die Abmahnung rechtswidrig sein. - Fehler in einer Sammelabmahnung
Werden mehrere Pflichtverstöße in einer Abmahnung zusammengefasst und ist auch nur einer davon unbegründet, wird die gesamte Abmahnung unwirksam.
Beispiel: Vier Vorwürfe, davon drei belegbar – einer nicht. Ergebnis: Die ganze Abmahnung ist juristisch wertlos. - Pauschalabmahnungen gegenüber mehreren Personen
Abmahnungen müssen individuell formuliert sein. Eine Abmahnung „an alle Mitglieder der Spätschicht vom 03.06.“ ist unzulässig, da nicht auf den Einzelfall eingegangen wird. - Abmahnung durch eine unzuständige Person
Nur disziplinarisch berechtigte Personen dürfen eine Abmahnung wirksam aussprechen.
Was darf nicht in einer Abmahnung stehen?
In einer Abmahnung sollten bestimmte Inhalte vermieden werden, da sie entweder rechtlich unzulässig sind, die Wirksamkeit der Abmahnung beeinträchtigen oder potenziell zu Missverständnissen führen können. Die wichtigsten Inhalte sind im Folgenden aufgelistet:
- Forderungen, die über das Arbeitsverhältnis hinausgehen: Die Abmahnung sollte sich auf Aspekte beschränken, die im Rahmen des Arbeitsverhältnisses und des Arbeitsvertrags relevant sind. Eine Abmahnung, die sich auf außerdienstliches Verhalten bezieht, das keinen Einfluss auf das Arbeitsverhältnis hat, ist also häufig unwirksam – der Arbeitgeber muss sich auf Verhaltensweisen beschränken, die direkt mit den arbeitsvertraglichen Pflichten zusammenhängen.
- Verweise auf außerdienstliches Verhalten: Abmahnungen sollten sich auch nicht auf das Privatleben des Arbeitnehmers beziehen, es sei denn, dieses Verhalten hat direkte Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis.
- Beleidigende oder diskriminierende Äußerungen: Jegliche Form von beleidigenden, herabwürdigenden oder diskriminierenden Bemerkungen sind in der Abmahnung unzulässig. Dazu gehören persönliche Angriffe, rassistische oder sexistische Kommentare und jede Art von Schikane.
- Drohungen oder Einschüchterungen: Während eine Abmahnung auf mögliche Konsequenzen bei wiederholtem Fehlverhalten hinweisen kann und sollte, sollten Drohungen oder Einschüchterungen vermieden werden. Die Kommunikation sollte zu jeder Zeit – mündlich wie schriftlich – professionell und sachlich bleiben.
- Hinweise auf persönliche Meinungen oder Gefühle: Eine Abmahnung sollte sich auf objektive Sachverhalte konzentrieren und nicht auf subjektive Meinungen oder Gefühle des Vorgesetzten oder Arbeitgebers.
- Änderungsvorschläge, die nicht umsetzbar oder unverhältnismäßig sind: Die in der Abmahnung geforderten Verhaltensänderungen müssen realistisch und verhältnismäßig sein. Unmögliche oder unangemessene Anforderungen können die Gültigkeit der Abmahnung beeinträchtigen.
| ✅ Zulässig | ❌ Unzulässig |
|---|---|
| Konkrete Hinweise auf arbeitsvertragliche Pflichtverletzungen | Pauschale Kritik ohne Bezug zur Tätigkeit („Sie sind unprofessionell“) |
| Rüge wegen Verletzung arbeitsbezogener Pflichten | Verweise auf das Privatleben, das keinen Bezug zur Arbeit hat |
| Hinweis auf mögliche arbeitsrechtliche Konsequenzen bei Wiederholung | Einschüchterungen oder persönliche Drohungen („Sie werden schon sehen, was passiert…“) |
| Objektiv dokumentierte Vorfälle mit Datum und Uhrzeit | Subjektive Bewertungen oder Gefühle („Ich habe das Gefühl, Sie sabotieren das Team“) |
| Aufforderung zur künftigen Vertragstreue | Forderungen außerhalb des Arbeitsverhältnisses („Sie müssen sich auch in Ihrer Freizeit korrekt verhalten“) |
| Sachliche und neutrale Sprache | Beleidigende, diskriminierende oder wertende Sprache („Sie sind faul“, „Ungeeignet für Teamarbeit“) |
Umgang mit Abmahnungen
Wer eine Abmahnung erhält, sollte nicht vorschnell reagieren. Wichtig ist, den Inhalt genau zu prüfen, rechtlich bewerten zu lassen und besonnen über das weitere Vorgehen zu entscheiden. Arbeitnehmer haben mehrere Möglichkeiten, mit einer Abmahnung umzugehen – abhängig vom Einzelfall und den eigenen Zielen.
Handlungsmöglichkeiten im Überblick
- Gegendarstellung verfassen
Arbeitnehmer haben jederzeit das Recht, eine schriftliche Gegendarstellung zur Abmahnung einzureichen. Diese wird zur Personalakte genommen und dient der eigenen rechtlichen Absicherung. Vorteil: Die eigene Sichtweise ist dokumentiert.
Nachteil: Ungeschickte Formulierungen können später gegen den Arbeitnehmer ausgelegt werden.
Tipp: Im Zweifel juristisch prüfen lassen. - Beschwerde beim Betriebs- oder Personalrat
Wenn die Abmahnung aus Sicht des Arbeitnehmers unberechtigt ist oder Teil eines systemischen Problems darstellt (z. B. unklare Anweisungen, hoher Arbeitsdruck), kann der Betriebsrat hinzugezogen werden. Beachte: Der Betriebsrat kann vermitteln, aber keine rechtlich verbindliche Entscheidung treffen. - Aufforderung zur Rücknahme der Abmahnung
In sachlich begründeten Fällen kann der Arbeitnehmer schriftlich die Entfernung oder Rücknahme der Abmahnung verlangen – etwa bei formellen Mängeln oder nachträglicher Klärung des Sachverhalts. - Klage vor dem Arbeitsgericht
Wird keine Einigung erzielt, besteht die Möglichkeit, auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte zu klagen. Dies ist sinnvoll, wenn:- die Abmahnung unwirksam ist (z. B. unkonkret oder unbegründet),
- das Arbeitsverhältnis fortbestehen soll, ohne dass ein „Makel“ in der Akte verbleibt,
- eine Kündigung droht und die Abmahnung als Grundlage dienen könnte.
Hinweis: Eine solche Klage ist jederzeit möglich, es gibt keine Frist. Allerdings ist eine anwaltliche Prüfung dringend zu empfehlen.
- Keine Reaktion – aber Vorbereitung auf den Ernstfall
Wer sich entscheidet, (zunächst) nicht zu reagieren, sollte dennoch eine interne Dokumentation erstellen, etwa mit Gesprächsprotokollen, E-Mail-Nachweisen oder Zeugenaussagen. Diese können später entscheidend sein, etwa bei einer Kündigungsschutzklage..
Wie sollte man am besten bei einer Abmahnung reagieren?
Wer eine Abmahnung erhält, fühlt sich oft überrumpelt oder ungerecht behandelt. Umso wichtiger ist es, in dieser Situation ruhig und strategisch zu handeln. Eine unüberlegte Reaktion kann die eigene Position schwächen – etwa durch vorschnelles Eingeständnis oder ungeschickte Formulierungen.
Schritt-für-Schritt-Anleitung: So reagieren Sie richtig
- Ruhe bewahren
Nicht spontan unterschreiben, kommentieren oder emotional reagieren. Nehmen Sie die Abmahnung zur Kenntnis, aber äußern Sie sich nicht sofort dazu. - Vorwürfe genau prüfen
Lesen Sie den Text sorgfältig. Sind Datum, Uhrzeit, Verhalten und Vertragsverstoß konkret benannt? Fehlt die Warnung vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen? Prüfen Sie die rechtliche Form. - Sachverhalt dokumentieren
Notieren Sie Ihre eigene Sicht der Dinge, sammeln Sie Belege (z. B. E-Mails, Zeugen, Arbeitsnachweise), und halten Sie fest, wann und wie Sie die Abmahnung erhalten haben. - Keine Anerkennung unterschreiben
Vermeiden Sie eine Formulierung wie „zur Kenntnis genommen und akzeptiert“. Wenn überhaupt, nur „zur Kenntnis genommen“ oder gar nicht unterschreiben. - Rechtsberatung einholen
Lassen Sie die Abmahnung durch eine:n Fachanwalt/Fachanwältin für Arbeitsrecht prüfen – insbesondere wenn Sie befürchten, dass die Abmahnung später als Kündigungsvorbereitung dienen soll. - Geeignete Reaktion wählen
Je nach Fall können Sie:- eine Gegendarstellung verfassen (z. B. bei Missverständnissen),
- eine Entschuldigung ohne Schuldeingeständnis formulieren (um das Arbeitsverhältnis zu entlasten),
- die Abmahnung anfechten oder löschen lassen,
- oder sich bewusst nicht äußern, wenn es taktisch sinnvoll erscheint.
Kann man einer Abmahnung widersprechen?
Ja – Arbeitnehmer haben das Recht, sich gegen eine Abmahnung zu wehren. Ob das sinnvoll ist, hängt vom Einzelfall ab. Ein Widerspruch kann auf verschiedene Arten erfolgen – von der Gegendarstellung bis hin zur Klage. Wichtig ist: Die Reaktion sollte strategisch überlegt und juristisch geprüft sein, da jede Stellungnahme auch gegen Sie verwendet werden kann.
So widersprechen Sie richtig
- Rechtliche Prüfung vornehmen lassen
Lassen Sie die Abmahnung durch eine:n Fachanwalt:in für Arbeitsrecht überprüfen. Häufig sind Abmahnungen formell oder inhaltlich fehlerhaft – etwa wegen Unkonkretheit, fehlender Warnfunktion oder unzuständiger Absender. - Gegendarstellung formulieren (optional)
Eine schriftliche Gegendarstellung ermöglicht es, Ihre Sichtweise darzustellen. Sie wird zur Personalakte genommen und bleibt dort neben der Abmahnung dokumentiert.Beispiel-Formulierung:
„Hiermit nehme ich zu der mir am [Datum] übergebenen Abmahnung Stellung: Die darin enthaltenen Vorwürfe entsprechen aus meiner Sicht nicht dem tatsächlichen Geschehensablauf. Ich habe am [Datum] meine Arbeit mit zehnminütiger Verspätung begonnen, nachdem der öffentliche Nahverkehr ausgefallen war. Dies wurde meinem Vorgesetzten umgehend mitgeteilt.“→ Wichtig: Keine Schuld eingestehen, keine emotionalen Formulierungen verwenden. - Rücknahme der Abmahnung verlangen (wenn gerechtfertigt)
Bei unberechtigten Vorwürfen oder formalen Mängeln kann der Arbeitgeber zur Rücknahme oder Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte aufgefordert werden – schriftlich und mit Begründung. - Entscheidung für oder gegen Klage abwägen
Eine Klage auf Entfernung der Abmahnung ist möglich – insbesondere wenn:- die Abmahnung inhaltlich oder formell unwirksam ist,
- eine spätere Kündigung droht,
- oder Sie sich beruflich absichern möchten.
Wann sinnvoll?
- bei andauerndem Arbeitsverhältnis und Gefahr erneuter Abmahnungen,
- bei Karriere- oder Beförderungshindernissen,
- zur Vorbereitung auf ein mögliches Kündigungsschutzverfahren.
Wann eher nicht?
- bei absehbarem Ende des Arbeitsverhältnisses,
- wenn das Verhältnis dadurch zusätzlich belastet würde,
- bei geringen Erfolgsaussichten (z. B. bei dokumentierter Pflichtverletzung).
- Rechtsschutzversicherung prüfen
Wenn Sie über eine Arbeitsrechtsschutzversicherung verfügen, können etwaige Kosten für rechtliche Schritte übernommen werden. Eine frühzeitige Anfrage beim Versicherer lohnt sich.
Was passiert, wenn man eine Abmahnung nicht akzeptiert?
Viele Arbeitnehmer stellen sich die Frage, ob sie eine Abmahnung unterschreiben oder gar „akzeptieren“ müssen. Die knappe Antwort lautet: Nein.
🔹 Keine Pflicht zur Unterschrift – keine rechtlichen Nachteile
Sie sind nicht verpflichtet, eine Abmahnung zu unterschreiben oder sich zu deren Inhalt zu äußern. Auch die Verweigerung der Unterschrift hat keine negativen rechtlichen Folgen für Sie – weder in Bezug auf Ihre Rechte noch auf die Wirksamkeit der Abmahnung.
Wichtig:
Die Unterschrift dient ausschließlich dem Nachweis der Zustellung, nicht der inhaltlichen Zustimmung. Wird die Unterschrift verweigert, kann der Arbeitgeber den Zugang auf anderem Wege dokumentieren (z. B. per Zeugenvermerk oder Einschreiben).
🔹 Die Abmahnung bleibt trotzdem wirksam – wenn sie formell korrekt ist
Auch ohne Unterschrift ist eine Abmahnung wirksam, sofern sie:
- dem Arbeitnehmer nachweislich zugegangen ist,
- inhaltlich den Anforderungen entspricht (konkret, mit Warnfunktion etc.),
- und von einer befugten Person ausgesprochen wurde.
Sie sollten die Abmahnung daher ernst nehmen – unabhängig davon, ob Sie sie für berechtigt halten oder nicht.
🔹 Keine Reaktion kann dennoch Folgen haben
Wird in der Abmahnung eine konkrete Verhaltensänderung eingefordert und ignoriert der Arbeitnehmer diese dauerhaft, kann dies zu weiteren Schritten bis hin zur Kündigung führen – auch ohne vorherige Zustimmung zur Abmahnung.
Tipp:
Auch wenn Sie die Abmahnung nicht unterschreiben und keine schriftliche Stellungnahme abgeben, empfiehlt es sich, den Vorgang intern zu dokumentieren (z. B. mit Notizen, E-Mail-Kopien oder Zeugen). So sind Sie im Streitfall vorbereitet.
FAQ
Was tun, wenn der Mitarbeiter die Abmahnung nicht unterschreibt?
Wenn ein Mitarbeiter sich weigert, eine Abmahnung zu unterschreiben, bleibt diese dennoch gültig – denn die Unterschrift dient in erster Linie als Nachweis der Zustellung. Der Arbeitgeber kann dennoch dokumentieren, dass die Abmahnung dem Mitarbeiter vorgelegt wurde und dieser die Unterschrift verweigert hat, beispielsweise durch eine Notiz im Abmahnungsschreiben oder durch Zeugen. Wichtig ist, dass der Arbeitgeber die Inhalte der Abmahnung und die Gründe für das Fehlverhalten des Mitarbeiters klar und objektiv darlegt und sich an die rechtlichen Rahmenbedingungen hält.
Wie viele Abmahnungen führen zur Kündigung?
Die Anzahl der Abmahnungen, die vor einer Kündigung erforderlich sind, ist gesetzlich nicht festgelegt und hängt vom Einzelfall ab. Grundsätzlich kann schon eine einzige Abmahnung ausreichen, insbesondere bei schweren Verstößen. Bei weniger gravierenden oder unterschiedlichen Fehlverhalten ist es üblich, dass mehrere Abmahnungen ausgesprochen werden, bevor eine Kündigung erfolgt. Entscheidend ist, dass die Abmahnungen das Fehlverhalten konkret benennen und klarstellen, dass bei Nichtänderung des Verhaltens eine Kündigung im Raum steht.
Kann man eine Abmahnung auch wegen eines einmaligen Fehlers erhalten?
Eine Abmahnung kann auch wegen eines einmaligen Fehlers ausgesprochen werden – insbesondere wenn der Verstoß schwerwiegend ist und die arbeitsvertraglichen Pflichten erheblich verletzt. Die Schwere des Fehlers und der damit verbundene Verstoß gegen die im Arbeitsvertrag festgelegten Pflichten sind ausschlaggebend dafür, ob eine Abmahnung gerechtfertigt ist. Bereits bei einem einmaligen Fehlverhalten sollte die Abmahnung den Arbeitnehmer zur Verhaltensänderung auffordern und auf die Konsequenzen bei wiederholtem Fehlverhalten hinweisen.
Welche anderen Maßnahmen stehen Arbeitgebern offen?
Neben der Abmahnung stehen Arbeitgebern verschiedene Maßnahmen zur Verfügung, um auf Fehlverhalten von Mitarbeitern zu reagieren. Dazu zählen unter anderem das Mitarbeitergespräch als Möglichkeit, das Verhalten anzusprechen und gemeinsam Lösungen zu erarbeiten, sowie die Umsetzung oder Versetzung des Mitarbeiters in eine andere Abteilung oder Position. In schwerwiegenden Fällen kann auch eine sofortige Kündigung in Betracht gezogen werden, besonders dann, wenn das Fehlverhalten so gravierend ist, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar wäre. Zudem sind in bestimmten Situationen auch arbeitsrechtliche Sanktionen wie die Kürzung von Boni oder Gehalt rechtlich zulässig.
Fazit
Arbeitnehmer, die eine Abmahnung erhalten, sollten diese in jedem Fall ernst nehmen – auch wenn sie der Abmahnung nicht zustimmen oder diese nicht unterschreiben möchten. Eine sorgfältige Prüfung der Vorwürfe, eventuell mit Unterstützung durch einen auf Arbeitsrecht spezialisierten Anwalt, sowie eine angemessene Reaktion auf die in der Abmahnung erhobenen Forderungen sind jetzt angebracht, um weitere negative Konsequenzen im Arbeitsverhältnis zu vermeiden. Zu guter Letzt ist es wichtig, stets offen für interne Kommunikation und Lösungsfindung zu bleiben und sich bewusst zu machen, dass eine proaktive und konstruktive Herangehensweise der Schlüssel zur Klärung der Situation ist. So findet sich in vielen Fällen eine Lösung, die für beide Parteien zufriedenstellend ist – auch ohne Rechtsstreit.



