Gefährdungen am Arbeitsplatz erkennen und beurteilen - Arbeitssicherheit
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Gefährdungen am Arbeitsplatz erkennen und beurteilen

Für mehr Sicherheit am Arbeitsplatz

Arbeitsschutz soll Leib und Leben schützen und ein sicheres Arbeiten ermöglichen. In der Bundesrepublik Deutschland ist deshalb jeder Arbeitgeber verpflichtet, die Arbeitsbedingungen seiner Beschäftigten zu beurteilen und zu dokumentieren. Das Arbeitsschutzgesetz, in dem diese Vorgaben verankert sind (§§ 5 und 6), entstand bereits 1996 als Umsetzung europäischer Richtlinien. Inzwischen gilt das Augenmerk nicht nur den klassischen Gefährdungsfaktoren, wie Lärm oder schwere körperliche Arbeit, sondern auch psychischen Einflüssen, wie zunehmendem Arbeitsdruck oder Mobbing. Nachdem im Jahr 2018 ein neues Mutterschutzgesetz in Kraft getreten ist, muss auch überprüft werden, ob am Arbeitsplatz Gefährdungen für schwangere oder stillende Frauen auftreten können.

Gefährdungsbeurteilung am Arbeitsplatz

Gefährdungen entstehen, wenn Gefahren (gefährliche Arbeitsstoffe, elektrische Energie …) räumlich und zeitlich mit den Personen (Auszubildende, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter …) zusammentreffen und sich dadurch die Möglichkeit eines Gesundheitsschadens ergibt. Dabei ist das persönliche Risiko, einen Gesundheitsschaden zu erleiden, davon abhängig, wie häufig eine Gefährdungssituation entstehen kann und wie schwerwiegend die Folgen sein können.Der Gesetzgeber verlangt, dass die Arbeitstätigkeiten hinsichtlich ihrer Gefährdungen beurteilt werden, wobei es ausreichend ist, gleichartige Arbeitsplätze und Tätigkeiten zusammenzufassen. Das Ergebnis der Beurteilung und die festgelegten Maßnahmen des Arbeitsschutzes müssen dokumentiert und fortlaufend aktualisiert werden.

Welche Arten von Gefährdungen gibt es?

Nach der Klassifikation der gewerblichen Berufsgenossenschaften und Unfallkassen werden aktuell elf Kategorien unterschieden:

1. Mechanische Gefährdungen
Hierzu zählen Maschinenteile, die ungeschützt bewegt werden (zum Beispiel Antriebe), und Teile, die gefährliche Oberflächen (beispielsweise Ecken, Kanten und Spitzen) aufweisen. Zu nennen sind außerdem Transportmittel sowie mobile Arbeitsmittel. Gefahren gehen auch von kippenden, herabfallenden oder sich lösenden Teilen aus. Verletzungen können weiterhin durch Sturz, Stolpern, Ausrutschen oder Absturz entstehen.
2. Elektrische Gefährdungen
Zu dieser Gruppe gehören die Gefährdungen elektrischer Schlag und Störlichtbögen.
3. Gefahrstoffe
Gefahrstoffe können Stoffe oder Zubereitungen sein, die durch (Haut-)Kontakt oder Einatmen gefährlich oder schädigend für den Menschen werden. Beispiele hierfür sind Löt- und Schweißrauche sowie Dämpfe von Lösungsmitteln.
4. Biologische Arbeitsstoffe
Gefährdungen können sich durch Infektionen mit Mikroorganismen (zum Beispiel Bakterien, Viren) oder auch durch sensibilisierende Wirkungen ergeben.
5. Brand- und Explosionsgefährdungen
Zu diesen Gefährdungsfaktoren gehören brennbare Feststoffe sowie Flüssigkeiten und Gase, aber auch die explosionsfähige Atmosphäre und Explosivstoffe.
6. Thermische Gefährdungen
Heiße bzw. kalte Medien und Oberflächen (zum Beispiel offene Flammen, Dampf, Kälte- und Kühlmittel) können zu Verbrennungen bzw. lokalen Erfrierungen führen.
7. Spezielle physikalische Einwirkungen
Lärmeinwirkungen kommen bei vielen Arbeitstätigkeiten vor. Lärm ist die häufigste Berufskrankheit. Aber auch Gefährdungen durch Vibrationen, Strahlung und elektromagnetische Felder erfordern eine spezielle Analyse.
8. Arbeitsumgebungsbedingungen
Innerhalb dieser Gruppe sind vor allem klimatische Bedingungen (wie Kälte, Hitze oder die Lüftungssituation) zu nennen, die bei der Gefährdungsbeurteilung überprüft werden müssen. Außerdem haben die Licht- und Beleuchtungsverhältnisse Einfluss auf die arbeitenden Menschen und die Qualität der Arbeitsergebnisse. Nicht vergessen werden sollten die erforderlichen Verkehrs- und Fluchtwege.
9. Physische Belastung
Schweres Heben und Tragen zu vermindern, ist seit jeher eine besondere Aufgabe im Arbeitsschutz. Es gilt, Muskel- und Skeletterkrankungen zu vermeiden. Zur Arbeitsschwere kann beispielsweise jedoch auch eine einseitige Körperhaltung beitragen.
10. Psychische Belastung
Psychische Erkrankungen haben in den letzten Jahren in der Arbeitswelt zugenommen. Deshalb sollte dieser Aspekt bei der Gefährdungsbeurteilung nicht unterschätzt werden. Ursachen können zum Beispiel (Nacht-)Schichtarbeit, lange Arbeitszeiten und ein hoher Zeitdruck sein. Konflikte am Arbeitsplätze sollten thematisiert werden, um negativen Folgen, wie beispielsweise Mobbing am Arbeitsplatz, wirksam vorzubeugen.
11. Sonstige Gefährdungen

Hierzu gehören alle weiteren Gefährdungen (zum Beispiel Gewalteinwirkungen oder Überfall), die am Arbeitsplatz auftreten können.An der Gefährdungsbeurteilung sollten Führungskräfte, Spezialisten (Fachkraft für Arbeitssicherheit, Sicherheitsbeauftragte …) und die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mitwirken. Die Ergebnisse der Beurteilung sollten keinesfalls in der „Schublade“ verschwinden, sondern in einen Maßnahmenplan münden und damit zu konkreten, nachprüfbaren Verbesserungen führen. Für die angestrebten Schutzziele gilt die Rangfolge der Schutzmaßnahmen im Arbeitsschutz (T-O-P):

1) technische Maßnahmen, um eine Gefährdung nach dem Stand der Technik zu verhindern,
2) organisatorische Maßnahmen, um eine Einwirkung auf den Menschen zu vermeiden,
3) personenbezogene Maßnahmen, um den Menschen mit persönlicher Schutzausrüstung zu schützen und zu unterweisen.Es sei noch einmal darauf hingewiesen, dass für Schwangere und stillende Mütter im Arbeitsleben mutterschutzgerechte Arbeitsbedingungen erforderlich sind. Die Gefährdungsbeurteilung muss daher diesem besonderen Aspekt Rechnung tragen.

Hilfe und Unterstützung

Hilfestellung geben die gewerblichen Berufsgenossenschaften und Unfallkassen. Sie verfügen über die geeigneten, branchenbezogenen Arbeitshilfen und Formulare. Fachliche Unterstützung leisten auch die staatliche Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin und die jeweiligen Gewerbeaufsichtsämter in den einzelnen Bundesländern. Weitere Informationen sind über die Internetseiten der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (www.dguv.de) und die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (www.baua.de) zu erhalten.

Verwendete Quellen

Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)
Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV)
Mutterschutzgesetz (MuSchG)

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