Wann kann ich in Rente gehen
Das Thema Renteneintritt und alle damit verbundenen Fragen beschäftigt Millionen Arbeitnehmer. Die letzte große Reform war die Einführung der Rente mit 67 Jahren. Mit dem entsprechenden Gesetz führte die große Koalition 2007 eine schrittweise Anhebung des regulären Renteneintrittsalters von 65 auf 67 Jahre ein. Es gibt jedoch auch Ausnahmen und die Möglichkeiten, früher oder später in Rente zu gehen. Mit diesen Möglichkeiten und ihren Auswirkungen beschäftigt sich der folgende Ratgeberartikel, der Arbeitnehmern helfen soll, Fragen der Altersvorsorge rational in ihrem Sinne zu entscheiden. Lesen Sie außerdem unseren Artikel über vorgeschriebene gesetzliche Ruhezeiten.
Wie alt muss man sein, um in Rente zu gehen?
Die Reform der Regelaltersrente 2010 sieht die schrittweise Anhebung der Altersgrenze, ab der Arbeitnehmer abschlagsfrei in Rente gehen können, bis 2031 vor. Das heißt, dass alle Arbeitnehmer, die im Jahr 1964 oder später geboren wurden, in 2031 mit 67 Jahren das reguläre Renteneintrittsalter erreichen werden. Für die Jahrgänge davor gilt ab 2024 eine stufenweise Anhebung des Renteneintrittsalters um pro Jahr zwei Monate. Im Jahr 2024 wird beispielsweise der Jahrgang 1958 mit genau 66 Jahren das Renteneintrittsalter erreichen, während der Jahrgang 1960 erst zwischen Mai 2026 und Juni 2027 mit einem Alter von 66 Jahren und 4 Monaten abschlagsfrei in Rente gehen kann. Die unten stehende Tabelle wird dies noch einmal verdeutlichen.
Neben dem Erreichen des regulären Renteneintrittsalters gibt es aber auch eine zweite Bedingung, durch die man abschlagsfrei in Rente gehen kann: Alle Arbeitnehmer haben und werden auch weiterhin die Möglichkeit haben, nach 45 Beitragsjahren die vollen Rentenbezüge zu erhalten. Es handelt sich dabei um die sogenannte Altersrente für besonders langjährig Versicherte, die verhindern soll, dass die Zahl der Beitragsjahre zwischen den verschiedenen Berufsgruppen zu unfair verteilt ist. Zwei weniger allgemeine Ausnahmen betreffen die Altersrente für langjährig unter Tage Beschäftigte, deren reguläres Renteneintrittsalter immer 5 Jahre vor dem allgemeinen liegt und die Altersrente für schwerbehinderte Menschen, die jeweils 2 Jahre vor nicht behinderten Arbeitnehmern abschlagsfrei in Rente gehen können.
Reguläres Renteneintrittsalter: Tabelle
Laut Gesetz und Angaben der Deutschen Rentenversicherung ergibt sich folgende Tabelle für den Zusammenhang zwischen Geburtsjahrgang, Renteneintrittsalter und dem Jahr, in dem Arbeitnehmer in Rente gehen können:
Geburtsjahr | Renten-eintritts-alter (Jahre) | Renten-eintritts-alter (Datum) |
Vor 1947 | 65 Jahre | Bis Januar 2012 |
1947 | 65 Jahre und 1 Monat | Februar 2012 bis Februar 2013 |
1948 | 65 Jahre und 2 Monate | März 2013 bis März 2014 |
1949 | 65 Jahre und 3 Monate | April 2014 bis April 2015 |
1950 | 65 Jahre und 4 Monate | Mai 2015 bis Mai 2016 |
1951 | 65 Jahre und 5 Monate | Juni 2016 bis Juni 2017 |
1952 | 65 Jahre und 6 Monate | Juli 2017 bis Juli 2018 |
1953 | 65 Jahre und 7 Monate | August 2018 bis August 2019 |
1954 | 65 Jahre und 8 Monate | September 2019 bis September 2020 |
1955 | 65 Jahre und 9 Monate | Oktober 2020 bis Oktober 2021 |
1956 | 65 Jahre und 10 Monate | November 2021 bis November 2022 |
1957 | 65 Jahre und 11 Monate | Dezember 2022 bis Dezember 2023 |
1958 | 66 Jahre | Januar 2024 bis Januar 2025 |
1959 | 66 Jahre und 2 Monat | März 2025 bis April 2026 |
1960 | 66 Jahre und 4 Monate | Mai 2026 bis Juni 2027 |
1961 | 66 Jahre und 6 Monate | Juli 2027 bis August 2028 |
1962 | 66 Jahre und 8 Monate | September 2028 bis Oktober 2029 |
1963 | 66 Jahre und 10 Monate | November 2029 bis Dezember 2030 |
1964 | 67 Jahre | Ab Januar 2031 |
Tricks, um früher in Rente zu gehen
Wie bereits angeklungen, handelt es sich beim regulären Renteneintrittsalter bzw. der Regelaltersgrenze um das Alter, ab dem man ohne Rentenabschläge in den Ruhestand gehen kann. Wer jedoch bereits 35 Versicherungsjahre und ein Alter von 63 Jahren erreicht hat, kann mit Abschlägen von 0,3 Prozent pro Jahr die sogenannte Frührente beziehungsweise die Altersrente für langjährig Versicherte in Anspruch nehmen. Wer über dieses Modell beispielsweise 3 Jahre früher in Rente gehen will, müsste daher Abschläge in Höhe von 3 (Jahre) x 12 (Monate) x 0,3 Prozent (Abschlag pro Monat), also von 10,8 Prozent auf die Höhe der normalen Altersrente rechnen.
Für die meisten Arbeitnehmer dürfte dies daher keine attraktive Option sein. Interessant könnte es hingegen sein, mit dem Arbeitgeber eine Altersteilzeit zu verabreden. Bei diesem Modell wird die Arbeitszeit vor Erreichen des regulären Renteneintrittsalters in der Regel um 50 Prozent reduziert. Damit die finanziellen Nachteile während des Rentenbezugs nicht zu groß werden, muss der Arbeitgeber allerdings einem höheren Gehalt und erhöhten Beitragszahlungen an die Deutsche Rentenversicherung zustimmen. Neben diesen staatlichen Modellen bleiben Beschäftigten auch private Möglichkeiten der Altersvorsorge. Wer beispielsweise eine private Rentenversicherung, eine (Kapital-)Lebensversicherung oder schlicht und einfach genug Vermögen aufgebaut hat, kann sich eventuell auch hohe Abschläge oder eine starke Verdienstminderung leisten.
Unter Umständen kann es auch erwägenswert sein, eine Vollzeitstelle zugunsten eines Nebenjobs aufzugeben und weiterhin Rentenbeiträge zu zahlen. So vermeidet man die Abschläge, muss allerdings aufgrund der verminderten Beitragszahlungen trotzdem eine etwas niedrigere Rente hinnehmen. Die verschiedenen Modelle und Möglichkeiten sind teilweise äußerst komplex und Fehlentscheidungen können gravierende Auswirkungen haben. Wir empfehlen daher dringend, die Beratung der Deutschen Rentenversicherung oder eines entsprechenden Experten der Versicherungsbranche in Anspruch zu nehmen, bevor folgenreiche Entscheidungen getroffen werden. Auf einigen Webseiten finden sich zudem Rentenbeginnrechner, mit denen verschiedene Szenarien durchgespielt werden können (ersetzen keine Beratung).
Späterer Renteneintritt
Unglücklicherweise stellen sich neben der Frage ‘Kann ich früher in Rente gehen’ mindestens ebenso viele Arbeitnehmer die Frage ‘Kann ich später in Rente gehen’, da sie mit der Höhe ihrer voraussichtlichen Rentenbezüge nicht den gewünschten Lebensstandard erreichen können. Das Niveau der Altersrenten wird von vielen Arbeitnehmern als zu niedrig angesehen. Insbesondere Alleinerziehenden und Teilzeitbeschäftigten mangelt es häufig an Versicherungszeiten oder ihre Beiträge waren zu gering, um eine armutsfeste Rente zu garantieren.
Eine weitere große Gruppe von Betroffenen sind Arbeitnehmer mit chronischen Krankheiten oder verletzungsbedingten Zeiten verhinderter oder verminderter Erwerbstätigkeit. Selbst, wenn sie sofort nach einer Krankheit ohne Wiedereingliederung arbeiten gegangen sind, kann es ihnen schwerfallen, mit ihrer gesetzlichen Rentenversicherung über das Existenzminimum zu gelangen. Mit einem späteren Renteneintritt erhoffen sie sich, die Versorgungslücke zu schließen.
Kann man freiwillig später in Rente gehen?
Erreicht man das Rentenalter, ist man berechtigt, einen Rentenantrag zu stellen, keineswegs jedoch dazu verpflichtet. So ist es problemlos möglich, über das Rentenalter hinaus erwerbstätig zu bleiben, wenn man den Antrag einfach nicht stellt. Dies ist jedoch nicht immer der beste Weg, um die eigenen Rentenbezüge zu erhöhen. Oft ist es besser, in Frührente zu gehen und weiterhin einer bezahlten Tätigkeit nachzugehen oder sogar zusätzlich zur normalen Altersrente in Vollzeit erwerbstätig zu bleiben und weiterhin Rentenbeiträge zu zahlen.
Was ist die Flexirente?
Die Flexirente wurde zum Beginn des Jahres 2017 eingeführt und soll Arbeitnehmern einen flexiblen und individuellen Übergang in die Rente ermöglichen. Konkret heißt dies, dass es möglich ist, sowohl in Rente zu gehen, als auch weiterhin zu arbeiten. Seit Beginn des Jahres 2023 existieren hier auch keine Hinzuverdienstgrenzen mehr. Man kann also nach Erreichen des regulären Renteneintrittsalter sowohl im Minijob-Modell, als auch in Teil- oder sogar Vollzeit weiterarbeiten und sogar weiterhin Rentenbeiträge bezahlen, um den Rentenanspruch zu erhöhen.
Lohnt es sich, den Rentenbeginn zu verschieben?
Neben der Flexirente gibt es auch die Möglichkeit, die Rente trotz Erreichen des Renteneintrittalter nicht zu beantragen, einfach weiterzuarbeiten und Rentenbeiträge zu bezahlen. Arbeitet man weiterhin in Vollzeit, kann man den Rentenanspruch pro länger gearbeiteten Monat um 0,5 Prozent bzw. jährlich um 6 Prozent erhöhen. Arbeitet man mit reduzierter Stundenzahl, ergeben sich entsprechend geringere Steigerungen der Rente.
Ein Durchschnittsverdiener mit 40 Beitragsjahren kann seinen Rentenanspruch durch eine einjährige Vollzeitbeschäftigung über das reguläre Renteneintrittsalter hinaus demnach von 1.145 Euro auf 1.245 Euro erhöhen. Das entspricht einer Erhöhung von 100 Euro oder 8,7 Prozent. Diese Steigerung kann man mit den gezahlten Rentenbeiträgen gegenrechnen, um zu erfahren, wie lange man Rente beziehen muss, damit sich dieses Modell lohnt. Wie bereits erwähnt, sind die Möglichkeiten mannigfaltig und die Auswirkungen teils äußerst schwer zu überschauen. Eine individuelle und professionelle Rentenberatung bei der Deutschen Rentenversicherung oder einem anderen Versicherungsexperten ist daher unumgänglich, um eine informierte Entscheidung zu treffen.
FAQ
Im Folgenden werden einige häufig gestellte Fragen kurz beantwortet.
Welche Jahrgänge dürfen wann in Rente gehen?
Eine Übersicht über den Zusammenhang zwischen Geburtsjahr und Renteneintrittsalter kann obiger Tabelle entnommen werden. Ab dem Jahrgang 1964 ist die Rechnung vergleichsweise leicht, da das Rentenalter dann in der Regel bei 67 Jahren (erreicht im Januar 2031) liegt.
Wie kann man Zeit bis zur Rente überbrücken?
Wenn man am Ende des Berufslebens arbeitslos wird, bleibt einem oft nur die Beantragung von Arbeitslosengeld I (Rentenbeiträge inkludiert) oder Bürgergeld (keine Rentenbeiträge). Oft ist dies mit teilweise erheblichen Einbußen bei den Rentenansprüchen verbunden. Betroffene sollten daher in der Regel versuchen, weiterhin Rentenbeiträge, beispielsweise aus einem Minijob oder aus dem eigenen Vermögen zu zahlen, außer sie haben praktisch keine Möglichkeit, mit weiteren Zahlungen über das Grundsicherungsniveau zu gelangen.
Wer kann nach 45 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen?
Nach 45 Beitragsjahren können alle Berufs- und Personengruppen abschlagsfrei in Rente gehen. Möglichkeiten den Rentenbeginn nach vorne oder hinten zu verschieben sowie der Einfluss, den dies auf die Rentenhöhe hat, sind Gegenstand dieses Ratgebers.
Fazit
Die Rentenfrage ist nicht nur politisch und ökonomisch eine komplexe Angelegenheit. Auch individuelle Fragen und Entscheidungen müssen auf der Grundlage teils komplizierter Modelle und Berechnungen getroffen werden. So stehen angehenden Rentnern grundsätzlich vier Möglichkeiten offen, mit dem Eintritt des Rentenalter umzugehen: 1) weiter arbeiten und keine Renten beziehen, 2) weiter arbeiten und Rente beziehen, mit Beitragszahlungen, 3) weiter arbeiten und Rente beziehen, ohne weitere Beitragszahlungen oder 4) abschlagsfrei in Rente gehen.
Möglichkeiten 1) und 2) können genutzt werden, um die Rentenansprüche zu erhöhen. Wie die individuell beste Ausgestaltung eines solchen Modells aussieht, hängt jedoch von vielen Faktoren und nicht zuletzt von der erwarteten Rentenhöhe, dem angestrebten Lebensstandard, den aktuellen Beschäftigungsmöglichkeiten und der verbleibenden Lebenserwartung ab. Wir empfehlen daher, die Rentenberatung der Deutschen Rentenversicherung in Anspruch zu nehmen, die übrigens auch zu Altersteilzeit und Frührente berät.