Schwanger in der Probezeit: Gibt es einen Kündigungsschutz?
Allgemein gibt es für Schwangere einen besonderen Kündigungsschutz. Der gilt jedoch nur, wenn bestimmte arbeitsrechtliche Vorschriften eingehalten werden.
Die Schwangerschaft im Arbeitsrecht
Schwangere erfahren im Arbeitsrecht aus gutem Grund einen besonderen Schutz. Insbesondere betrifft dies die Kündigung der werdenden Mütter, denn der Gesetzgeber will möglichst verhindern, dass Schwangeren gekündigt wird. Was sind aber die wichtigsten gesetzlichen Vorschriften, die es zu beachten gilt?
Schwangere haben einen besonderen Kündigungsschutz
Vom Grundsatz her ist eine Kündigung während der Schwangerschaft nach § 17 des Mutterschutzgesetzes nicht möglich. Vor einer Kündigung vonseiten des Arbeitgebers ist die Mutter auch bis vier Monate nach der Entbindung geschützt. Die werdende Mutter soll damit einerseits finanziell abgesichert und vor den psychischen Belastungen durch eine Kündigung geschützt werden. Sie soll sich in der Zeit erholen sowie eine Mutter-Kind-Bindung aufbauen können. Das Mutterschaftsgeld von der Krankenkasse sowie ein Zuschuss vom Arbeitgeber sichern sie finanziell in der Zeit des Beschäftigungsverbots (also im Zeitraum vor und nach der Entbindung) ab. Das Grundgesetz schützt die Mutter in Artikel 6 Absatz 4. Dort lautet es: „Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.“ Weder die Mutter selbst noch der Arbeitgeber können sich daher über die Vorschriften hinwegsetzen.
Behördliche Ausnahmegenehmigung möglich
Ein Kündigungsverbot besteht für den Arbeitgeber, sobald die Arbeitnehmerin schwanger ist und es dem Arbeitgeber mitteilt. Auch bis zwei Wochen nach der Kündigung oder generell besteht dieses Recht weiter. Außerdem ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Arbeitsbedingungen so anzupassen, dass die Schwangere entlastet wird. Diese Entlastung kann physiologische und psychologische Aspekte betreffen. So soll sie beispielsweise vor schwerer körperlicher Arbeit und schädlichen Umwelteinflüssen geschützt werden.
Betriebs- oder verhaltensbedingte Gründe, die unabhängig von der Schwangerschaft auftreten, können jedoch ausnahmsweise zur Kündigung führen. Darüber entscheidet die zuständige oberste Landesbehörde. Des Weiteren sind besondere Formvorschriften an die Kündigung einer Mutter gebunden. Um diese zu schützen, darf die Kündigung ausschließlich schriftlich erfolgen und muss einen zulässigen und genehmigten Kündigungsgrund enthalten.
Darüber hinaus ist der Arbeitgeber verpflichtet, bei der zuständigen Aufsichtsbehörde deren Genehmigung einzuholen. Je nach Bundesland kann die zuständige Aufsichtsbehörde die Bezirksregierungen, Regierungspräsidien oder die Gewerbeaufsicht umfassen. Eine entsprechende Übersicht über die zuständigen Aufsichtsbehörden je Bundesland befindet sich auf der Internetseite des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Im Alltag kommen solche Fälle sehr selten vor, denn der Beweis, dass die Kündigung unabhängig von der Schwangerschaft ausgesprochen wurde, gelingt äußerst selten. Gründe, die eine Kündigung rechtfertigen würden, sind meist nicht vorhanden. Ein Beispiel wäre eine Insolvenz des Arbeitgebers. Zur Zahlung einer Geldentschädigung kann der Arbeitgeber verpflichtet werden, wenn er das Arbeitsverhältnis ohne die erforderliche Zustimmung der entsprechenden Behörde kündigt. Je nachdem, ob die werdende Mutter eine Festanstellung hat oder als sogenannte Leihmitarbeiterin eingesetzt wird, kommen darüber hinaus der Gleichbehandlungsgrundsatz im Rahmen des Equal Pay zum Tragen.
Mitteilungspflicht der Schwangeren
Für den besonderen arbeitsrechtlichen Schutz der Mutter muss ihr Arbeitgeber natürlich über ihre Schwangerschaft informiert sein. Nach § 15 MuSchG besteht für die Schwangere daher eine Mitteilungspflicht über die Schwangerschaft und den erwarteten Geburtstermin. Ab dem Zeitpunkt, an dem der Mutter die Schwangerschaft tatsächlich bekannt ist, soll sie dies dem Arbeitgeber unverzüglich mitteilen. Die Rechtspflicht der Schwangeren zur unverzüglichen Mitteilung spielt auch bezüglich bestimmter Treuepflichten in Bezug auf den Arbeitgeber eine Rolle, wenn sie beispielsweise im Unternehmen eine Schlüsselposition besetzt, die eine längere Einarbeitung erfordert. Auch wenn aufgrund der Schwangerschaft Beschäftigungsverbote (zum Beispiel in Bezug auf Nachtarbeit) greifen, ist die Mitteilung besonders zeitkritisch. Verletzt die Schwangere diese Mitteilungspflicht, können gegebenenfalls Schadensersatzansprüche entstehen.
Um die Rechtssicherheit herzustellen, kann der Arbeitgeber von Arzt oder Hebamme ein „Zeugnis“ über die Schwangerschaft und den voraussichtlichen Geburtstermin verlangen. Für die Fristberechnung ist dann der genannte Termin die Grundlage. Das betrifft beispielsweise die sechswöchige Frist für das Beschäftigungsverbot vor der Entbindung. Häufig wird der berechnete Geburtstermin nicht eingehalten und die Fristen müssen entsprechend neu berechnet werden. Um der Schwangeren entsprechend entgegenzukommen, wird vermutet, dass die Schwangerschaft und somit auch der Kündigungsschutz schon 280 Tage vor dem errechneten voraussichtlichen Geburtstermin begonnen haben. Das Bundesarbeitsgericht hat dies mit Urteil vom 24.11.2022 erneut bestätigt (Az. 2 AZR 11/22). Durch diese sogenannte Vermutungsregel ist der Kündigungsschutz für schwangere Arbeitnehmerinnen häufig bereits vor dem eigentlichen Schwangerschaftsbeginn gültig.
Kündigung durch die Schwangere
Will eine Schwangere kündigen, muss sie den im Mutterschutzgesetz festgelegten Schutzvorschriften keine Beachtung schenken. Zulässig ist ihre Kündigung auch, wenn ihr Arbeitgeber Meldepflichten an die entsprechende Aufsichtsbehörde verletzt (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 19. August 1982, Aktenzeichen: 2 AZR 116/81).
Schwanger bei der Bewerbung
Eine Schwangere einzustellen, ist nicht gerade ein Wunsch vieler Arbeitgeber. Unbeachtet ihrer Qualifikation kann sie mindestens 14 Wochen keine Arbeitsleistung erbringen: also die sechs Wochen vor und die acht Wochen nach ihrer Entbindung. Ihr Gehalt ist während dieser Zeit weiterhin zu zahlen und die Möglichkeit, dass sie die Elternzeit nutzt, steht im Raum. Das hat oft Auswirkungen auf die Bewerberauswahl. Wegen ihrer Schwangerschaft darf eine Bewerberin zwar keine Absage erhalten, aber Ausreden von Arbeitgebern, sind in diesem Fall häufig. Dabei ist es häufig unmöglich, das Gegenteil zu beweisen.
Bei der Bewerbung verschweigen Frauen ihre Schwangerschaft daher häufig oder lügen auch aktiv während des Bewerbungsgesprächs. Vor einigen Jahren hat sich daher das Bundesarbeitsgericht bezüglich dieses bis dahin umstrittenen Vorgehens geäußert: BAG 15.10.1992 AP Nr. 8 zu § 611a BGB. In diesem Fall sei lügen im Bewerbungsgespräch zulässig, da es vor Diskriminierung schützen würde. In Betracht kommt daher auch keine nachträgliche Anfechtung des Arbeitsvertrages.
Schwangerschaft in der Probezeit
Der § 17 MuSchG gilt auch während der Probezeit. Schwangeren Arbeitnehmerinnen darf also auch während dieser Zeit nicht ohne Weiteres gekündigt werden. Während der meist sechs Monate Probezeit kann sonst ohne Angabe von Gründen mit einer zweiwöchigen Frist gekündigt werden. Im Fall einer Schwangerschaft ist dies anders.
Das gibt es bei einer Schwangerschaft in der Probezeit zu beachten
Das vereinfachte Kündigungsrecht, das in der Probezeit beiden Vertragsparteien die Kündigung erleichtert, gilt nicht im Fall einer Schwangerschaft. Normalerweise gibt es in der Probezeit die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis leichter wieder zu lösen, sollten die Erwartungen nicht erfüllt werden. Die verkürzte Kündigungsfrist und die Kündigung ohne Angaben von Gründen stehen dem Mutterschutzgesetz entgegen. Die schwangere Frau zu schützen, ist jedoch das höhere Rechtsgut. So steht in diesem Fall das Mutterschutzgesetz über dem Kündigungsrecht in der Probezeit. Einer werdenden Mutter darf somit in der Probezeit nicht gekündigt werden.
Wird eine Arbeitnehmerin in der Probezeit schwanger, kann ihr der Arbeitgeber ab dem Zeitpunkt der Kenntnis über die Schwangerschaft bis vier Monate nach der Geburt ausschließlich kündigen, wenn die entsprechend zuständige Behörde der Kündigung vorher ausdrücklich zugestimmt hat. Bei einer Kündigung vonseiten des Arbeitgebers in Unkenntnis der Schwangerschaft, wird die Kündigung unwirksam, wenn die werdende Mutter in den zwei Wochen nach Erhalt der Kündigung mitteilt, dass sie schwanger ist. Bei nach der Geburt anschließender Elternzeit erhält die Frau auch weiterhin Kündigungsschutz. Alles in allem ist das in der Probezeit vereinfachte Kündigungsrecht ausgehebelt und dem Schutz der Mutter unterstellt.
Darf die Probezeit durch die Schwangerschaft verlängert werden?
Im Arbeitsvertrag wird eine Probezeit von drei bis sechs Monaten vereinbart. Nicht länger als sechs Monate darf die Probezeit gehen, so schreibt es § 622 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vor. Sind die sechs Monate schon ausgeschöpft, darf die Probezeit dem Grundsatz nach nicht verlängert werden. Wurde eine kürzere Probezeit festgelegt, kann diese im Fall einer Einigung beider Vertragspartner auf maximal sechs Monate insgesamt verlängert werden. Dies kann bereits vorab im Arbeitsvertrag aufgenommen werden, für den Fall, dass ein Arbeitnehmer durch eine Arbeitsunfähigkeit länger ausfällt. Auch wegen einer Schwangerschaft kann somit die Probezeit nicht über sechs Monate hinaus andauern. Sie darf auch nicht verlängert werden, wenn keine Verlängerungsklausel im Arbeitsvertrag festgelegt ist und die werdende Mutter durch eine Arbeitsunfähigkeit länger ausfällt. Die Schwangerschaft ist also kein Rechtfertigungsgrund für eine Probezeitverlängerung.
Kündigung ohne Kenntnis der Schwangerschaft durch den Arbeitgeber
Wird der werdenden Mutter von ihrem Arbeitgeber in Unkenntnis der Schwangerschaft gekündigt, hat sie bis zu zwei Wochen Zeit, um ihn darüber zu informieren. Mit Verstreichen dieser Frist wird die Kündigung rechtskräftig. Es gibt jedoch noch die Ausnahme, dass die werdende Mutter erst später von ihrer Schwangerschaft erfährt. Dann kann sie unverzüglich nach dem Bekanntwerden ihrer Schwangerschaft die Mitteilung nachholen und vollen Kündigungsschutz erhalten. Wichtig ist jedoch, darauf hinzuweisen, dass die Schwangerschaft auch schon zum Kündigungszeitpunkt bestand (BAG 15.11.1990 AP Nr. 17 zu §9 MuSchG 1968).
FAQ
Kurz und knapp folgt noch einmal das Wichtigste sowie weiterführende Fragen.
Was passiert, wenn man in der Probezeit schwanger wird?
Wird eine Arbeitnehmerin in der Probezeit schwanger, gilt für die werdende Mutter der Mutterschutz. Sie ist also genauso geschützt wie bei einer Schwangerschaft außerhalb der Probezeit. Sechs Wochen vor der Geburt sowie acht Wochen danach ist sie von der Arbeit freigestellt und erhält Mutterschaftsgeld.
Wer zahlt bei einem Beschäftigungsverbot in der Probezeit?
Im Rahmen eines individuellen Beschäftigungsverbots zahlt der Arbeitgeber weiterhin den vollen Lohn aus. Das gilt genauso, wenn eine andere Tätigkeit im Unternehmen ausgeübt werden muss.
Wann muss man dem Arbeitgeber sagen, dass man schwanger ist?
Während der Schwangerschaft und mindestens bis vier Wochen nach Entbindung besteht nach dem Mutterschutzgesetz laut § 17 Kündigungsschutz. Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber von diesen Umständen weiß oder spätestens innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung davon erfährt.
Fazit
Für viele Frauen sowie für viele Arbeitgeber ist das Thema Schwangerschaft im Zusammenhang mit dem arbeitsrechtlichen Kontext mit Fragen und Unsicherheiten verbunden. Dabei gibt es klare Regelungen, die Licht in die Sache bringen. Fest steht: Werdende Mütter werden nach deutschem Recht auf verschiedene Weisen vorrangig durch das Mutterschutzgesetz geschützt. Es lohnt sich also, dahingehend die geltenden Rechte und Pflichten zu kennen, um weder Fristen zu versäumen noch das Leben weiterer Beteiligter zu verkomplizieren.