Soll ich kündigen oder bleibe ich, obwohl ich meinen Job und die Kollegen hasse? Wenn ich mein eigener Chef wäre, könnte mir niemand Vorschriften machen. Doch wäre die Gründung eines Startups nicht viel zu riskant? Sollte ich meinen Vorgesetzten um eine Gehaltserhöhung bitten, obwohl ich außerordentlich schüchtern bin? Diese und andere Fragen beschäftigen jeden Arbeitnehmer irgendwann. Wohl dem, der entschlussfreudig ist und Entscheidungen schnell trifft. Sonst kann es passieren, dass das Spiel zwischen Kopf und Bauch zu einem die Psyche belastenden Gerangel wird. Dabei ist es auch für unsichere Menschen gar nicht so schwer, zwischen verschiedenen Möglichkeiten zu wählen.
Was das Entscheiden so schwierig macht
In einigen Regionen der Welt erscheinen die Menschen besonders gelassen. Oft sind es diejenigen, die aus finanzieller Sicht eher benachteiligt sind. Stehen sie vor Entscheidungen, grübeln sie nicht lange. Entweder lassen sie die Antwort von allein auf sich zukommen oder sie entschließen sich zu einem Ja beziehungsweise einem Nein. Warum das so ist, lässt sich auf zweierlei Art leicht erklären.
– Je weniger Mittel jemand besitzt, desto weniger Möglichkeiten stehen ihm zur Verfügung.
– Und je weniger Eigentum vorhanden ist, desto weniger kann bei einer falschen Entscheidung verloren gehen.
Die Frage ist also stets die nach der Konsequenz der Entscheidung. Im besten Fall bringt eine gute Entscheidung Vorteile für den Einzelnen oder für die Gruppe mit sich. Im schlimmsten führt eine schlechte Entscheidung zu einem Verlust. Darüber hinaus werden täglich von jedem Menschen hunderte, oft kleine, Entscheidungen gefällt, die anscheinend kaum einen Einfluss auf die Lebensqualität haben, zum Beispiel: Ziehe ich heute das grüne oder das blaue Kleid an? Ist mir ein Nussaufstrich oder eine Marmelade lieber? Gehe ich zu Fuß zur Arbeit oder nehme ich den Bus?
Warum einige Entscheidungen leichter fallen als andere
Zu den Dingen des Alltags fällt das Entscheiden meist leicht, dennoch können auch kleine Entschlüsse Folgen nach sich ziehen. Man denke beispielsweise an die Entscheidung zum leuchtend grünen Kleid, wenn am selben Tag ein Meeting ansteht. Zwischen all den grauen, dunkelblauen sowie schwarzen Kostümen und Anzügen würde man sämtliche Blicke auf sich ziehen und möglicherweise für Gespött unter den Kollegen sorgen.
Der Nussaufstrich als Alternative zur Marmelade zöge wegen seiner vielen Kalorien ein schlechtes Gewissen beim Blick auf die Waage nach sich. Zu Fuß müsste man für den Weg zur Arbeit mehr Zeit einplanen, sonst käme man zu spät. Auch dieses Risiko könnte unterschiedliche Konstellationen nach sich ziehen. Dennoch wird niemand stunden- oder tagelang über derartige Situationen grübeln.
Anders sieht es aus, wenn es um größere Anschaffungen geht, beispielsweise ein Auto, ein Haus oder wenn über berufliche Ausstiege, Wechsel beziehungsweise Neueinstiege nachgedacht wird. Doch irgendwann ist die ausgeschriebene Stelle neu besetzt. Irgendwann hat jemand anderes dieselbe Start-up-Idee umgesetzt. Auch die Familienplanung ist ein Thema, das viele Menschen so lange vor sich her schieben, bis es sich aufgrund biologischer Alterungsprozesse von allein erledigt hat.
Großartige Chancen werden von unentschlossenen Menschen auf diese Weise häufig verpasst, was bedauerlich sein kann. Nicht umsonst sagt ein Sprichwort, dass wir uns im Alter weniger über die Dinge ärgern, die wir getan haben als über die, die wir nicht getan haben. Der Grund für die Unentschlossenheit ist das Abwägen augenscheinlicher Folgen, die sich auf einen längeren Zeitraum des Lebens auswirken. Während das Gespött über das grüne Kleid schon nach einigen Tagen in Vergessenheit geraten ist, kann die falsche Kalkulation bei der Aufnahme einer Hypothek den finanziellen Ruin bedeuten.
Nicht alle Entscheidungen in derselben Geschwindigkeit treffen
Viele Entscheidungen müssen kurzfristig getroffen werden, um den Alltag meistern zu können. Etliche davon stehen regelmäßig an, unter anderen das Erledigen beruflicher Routinearbeiten, die Auswahl des Speiseplans, das Schreiben des Einkaufszettels. Der gesunde Menschenverstand und die gemachten Erfahrungen kommen dabei zum Tragen. Bei der Entscheidungsfindung fühlt man sich entsprechend sicher und kann womöglich sogar die eigene Kreativität einfließen lassen.
Größere Entscheidungen jedoch setzen viele Menschen unter Druck. Um nichts falsch zu machen, sammeln sie Erfahrungsberichte, konsultieren Fachleute, suchen nach Fakten und Daten, nach möglichen Vor- und Nachteilen. Das macht erst einmal Sinn. Längst läuft im Unterbewusstsein das Zusammenspiel von Kopf und Bauch ab, das die richtige Entscheidung trifft. Das Fatale jedoch ist, das unsichere Menschen dazu neigen, diesen Entschluss wieder und wieder in Frage stellen, um ihn nachprüfen zu wollen. Das gelingt nicht, woraus sich ein erheblicher zusätzlicher Stress aufbaut. Die Unsicheren werden noch unsicherer. Menschen mit einem ausgeprägten Selbstbewusstsein hingegen glauben an sich und kommen im Leben schneller voran, weil ihnen ausreichend Zeit für andere Projekte bleibt.
Grundsätzlich sollten kleinere Entscheidungen schnell getroffen werden. Größere Entscheidungen dürfen gut überlegt sein, sollten aber nicht zu lange hinausgezögert werden, weil sie ansonsten stressen und blockieren.
Möglichkeiten, um die Entscheidungsfindung zu verkürzen
Bei einigen Fragen im Beruf sollte das Bauchgefühl entscheiden. Wer das Umfeld, den Chef oder den Stress nicht mehr erträgt, sollte kündigen. Was nützt es, sich täglich missgelaunt zur Arbeit zu schleppen, wenn man am Abend ausgebrannt ins Bett fällt oder traurig vor dem Fernseher sitzt? Ist die Entscheidung gefällt, fällt die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz leichter.
Bei anderen Fragen kann es sinnvoller sein, den Kopf entscheiden zu lassen. Der größte Wunsch nach einem eigenen Haus lässt sich nicht erfüllen, wenn das finanzielle Polster fehlt. Hier sollte die Entscheidung lauten, lieber noch einige Jahre zu sparen.
Experten empfehlen, bei besonders schwierigen Entscheidungen eine Münze zu werfen. Das Ziel dieser Methode besteht darin, einen Zeitdruck zu erzeugen und von der Brisanz des Themas abzulenken. Eine andere Möglichkeit kann das Listen von Vor- und Nachteilen zum Ja oder Nein der Entscheidung sein. Auch dieses sollte innerhalb einer zuvor festgesetzten Zeitspanne erfolgen, damit es gelingt, ein Fazit zu ziehen. Zum Stichtag entscheidet diejenige Antwort mit den meisten Vorteilen.
Wer dazu neigt, sich bei Fehlentscheidungen übermäßig mit Selbstvorwürfen zu belasten, wendet sich im Vorfeld an einen Coach. Der nimmt dem Unsicheren zwar nicht die Entscheidung ab, hilft aber dabei, den richtigen Weg zu finden.